Dienstag, 30. Dezember 2008

Photokina 2008 – (k)ein Rückblick

Eigentlich wollte ich das Thema ganz ausblenden. Aber dann gab es Anfragen, weshalb ein Blog zum Thema Fotografie nicht über diese „bedeutsame Messe“, die ja nur aller zwei Jahre stattfindet, berichtet.

Zwischen den Feiertagen ist etwas Zeit, sich dazu zu äußern – also gehen wir es an.

Neugieriger:
Die Photokina 2008 fand vom 23. bis 28. September in Köln statt. Also vor gut einem viertel Jahr. Warum hast du nicht aktuell darüber geschrieben?

Matthias: Nun: Einerseits war die redaktionelle Information im Web mehr als ausreichend – zumindest quantitativ, andererseits habe ich Stimmungen und Stimmen von Herstellern wie Medien natürlich registriert und wollte daraus ein persönliches Fazit ziehen.

Neugieriger: Weshalb diese Einschränkung auf die Quantität der Berichterstattung?

Matthias: Ich will und kann nicht pauschalisieren. Es gab und gibt auch sachliche, kompetente Journalisten, die wirklich etwas von Fotografie verstehen und dies auch publizieren. Nicht zu verkennen ist aber auch die Tatsache, dass viele Redaktionsstuben administrativ den Werbeabteilungen des jeweiligen Verlages unterstehen. Mit anderen Worten: Gute Werbekunden werden bei Laune gehalten.

Neugieriger: Und dann werden Tests manipuliert?

Matthias: Dies sicher nicht. Zumindest ist mir derartiges aus meiner früheren Tätigkeit als freier Redakteur bei einem großem deutschen Verlag im PC-Bereich so nicht offensichtlich geworden. Allerdings wurden kritische Anmerkungen über Produkte von Werbekunden einfach gestrichen. Auch dies trägt zur falschen Meinungsbildung bei.

Neugieriger: Was sind positive Beispiele für Informationsquellen im Internet?

Matthias: Man könnte sicher einige nennen. Ich selbst fühle mich bei http://www.dkamera.de/ sehr wohl. Informative Sachlichkeit – das ist es, was ich mag.

Neugieriger: Nachgefragt: Was stört dich – vor allem im Bezug auf die Berichterstattung zur Photokina 2008 – bei den anderen?

Matthias: Sehr viel. Zum Beispiel, dass Trends propagiert werden, die keine sind. Dass Kleinigkeiten an technischen Verbesserungen als bahnbrechende Erfolge gefeiert werden. Teilweise fehlt die fachliche Kompetenz – man übernimmt zu schnell und zu unkritisch Pressemitteilungen der Anbieter, teilweise ist es der Druck, Seiten zu füllen (sowohl im Web als auch beim Print) und zum Teil sind es die geschilderten Abhängigkeiten von bestimmten Kunden.

Neugieriger: Kannst du dazu Beispiele nennen?

Matthias: Nehmen wir als Beispiel das strittige Thema „Kompaktkameras“ (hier einmal konkret die sogenannten Bridgekameras http://de.wikipedia.org/wiki/Bridgekamera ) vs. DSLR (http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegelreflexkamera ). Als die ersten DSLR mit Live-View (http://de.wikipedia.org/wiki/Live-View) auf den Markt kamen, hat man gejubelt. Bis zu dem Zeitpunkt war dies ein typisches Merkmal (und Vorteil) der Kompaktkameras. Videos aufnehmen war (über Sinn und Unsinn kann man streiten) bislang ebenso den Kompakten vorbehalten. Bis die Nikon D90 als erste DSLR dies ebenso ermöglichte. Auf der Photokina folgte Canon mit der Profi-Kamera EOS 5D Mark II (21,1 Megapixel, Preis rund 2.500 Euro). Mit dieser werden in voller HD-Auflösung von 1.920 mal 1.080 Pixel werden so Filme mit 30 Bildern in der Sekunde möglich.

Wirklich interessant ist die zur Messe vorgestellte Panasonic DMC-G1 (http://www.focus.de/digital/foto/panasonic-dmc-g1-spiegelreflexkamera-ohne-spiegel_aid_344261.html ), bei der erstmals auf den Spiegel verzichtet wurde und die – bis auf die Wechselobjektive – eigentlich den Kompakten schon sehr ähnlich ist.

Kurzum: Die Grenzen werden fließender, das Schubladendenken nach dem Motto „Profi = DSLR“ macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

Neugieriger: Sind Profis bzw. Semi-Profis nicht wirklich mit einer DSLR besser bedient?

Matthias: Das würde ich so pauschal nicht sagen wollen, da dies von Einsatzzweck abhängig ist. Hätten die Hersteller ihre Bridge-Kameras so weiterentwickelt, wie die DSLR, dann könnte man sich den Aufpreis für die Spiegelreflex oft sparen – sowohl als Amateur wie auch als Profi. Nur ein Beispiel: Sonys R1 hat aufgezeigt, was im Bereich Bridge-Kameras machbar ist. Mir leistet gerade diese Kamera im Bereich Endurosport ausgezeichnete Dienste. Schnelles manuelles Zoomen über einen breiten Bereich, kein Stress mit Staub im Gelände... Ich wüsste nicht, warum ich da auf eine DSLR wechseln sollte.

Das Problem, was ich sehe: Die Anbieter wollen an der Peripherie verdienen. Also neben dem Body möglichst viele Objektive und anderes Zubehör verkaufen. Gewinnmaximierung über Folgegeschäfte quasi. Etwas, dass bei gut ausgestatteten Kompaktkameras nicht möglich ist. Ich bin mir sicher: Allein das Objektiv hätte mich im DSLR-Bereich das gleiche gekostet, wie ich für die gesamte Kompaktkamera Sony R1 bezahlt habe. Und vermutlich ist dies auch der Grund, weshalb Sony die Weiterentwicklung der Kamera eingestellt hat.

Neugieriger: Um noch kurz bei dem Kameras zu bleiben: Welche Entwicklung wünschst du dir für die Zukunft?

Matthias: In meinen Augen sind Gesichtserkennung und Bildstabilisatoren sicher hilfreiche Funktionen, während ich Lächel-, Blinzel- und ähnliche Funktionen als Spielerei sehe und nicht benötige. Die Hersteller sollten ihr KnowHow vielmehr dafür einsetzen, dass Fotografieren in lichtkritischen Situationen zu vereinfachen. Da die Gesetze der Physik nicht zu umgehen sind, sehe ich einen sinnvollen Weg darin, den Pixelwahn zu stoppen und die Sensoren nebst der Optik ausreichend groß zu gestalten. Was zur Zeit im Massenmarkt angeboten wird, ist oft schlichtweg Schrott. Viele der Kameras liefern trotz 10MP-Sensor schlechtere Fotos, als meine ca. sechs Jahre alte Olympus C50 mit 5 MP. Vielleicht hat dieser Markt der „Fun-Cams“ auch seine Berechtigung – aber ich hoffe, dass die Fokussierung auf dieses Segment nicht zu stark wird.

Ach ja: GPS- und WLAN-Fähigkeiten sind zwei Dinge, die ich mir für meine Arbeit mit einer der nächsten Kameras wünsche. Ansonsten geht es zumindest mir so, dass ich eh im manuellen Modus fotografiere und diverse Menüs eher als lästig statt hilfreich empfinde.

Neugieriger: Nun waren ja auf der Photokina nicht nur Kameras zu sehen. Es ging auch um Zubehörprodukte und Bilddienstleistungen. Hast du hier neue Trends ausmachen können?

Matthias: Auf dem Gebiet der professionellen Bildausgabe standen vor allem Single-Pass-Inkjet-Drucker, UV-LED-Drucker und wasserbasierende Latex-Tinten im Fokus. Das sind schon interessante Themen und man darf gespannt sein, was sich hier noch tut. Den Trend zu digitalen Bilderrahmen halte ich persönlich für gepusht – hierzu hatte ich ja bereits im Blog geschrieben (http://asp-fotos.blogspot.com/2008/07/digitale-bilderrahmen-floppen.html ). Was Fotodienstleistungen anbelangt, ist Kreativität gefragt und diese wird sicherlich zu neuen, interessanten Angeboten führen und die bedruckte Kaffeetasse oder das Mauspad ablösen.

Neugieriger: Deine Meinung zur Bildbearbeitungssoftware?

Matthias: Der Platzhirsch ist ja bekanntlich Adobe, die letzte aktuelle Version Photoshop CS 4, mit der man eine Menge machen kann – bis hin zur gezielten Bildmanipulation. Nur: 2000.- Euro sind einerseits kein Pappenstiel, andererseits reichen zur Bildverbesserung auch preiswertere bzw. sogar Gratis-Programme. Einige davon habe ich ja bereits im Blog vorgestellt (http://asp-fotos.blogspot.com/search/label/Bildbearbeitung ). Es stellt sich also wieder die Frage: „Was will man tun?“, um sich für eine bestimmte Software zu entscheiden. In dem Zusammenhang noch ein Tipp: Einige Bildbearbeitungsprogramme bieten gleichzeitig mehr oder minder leistungsstarke Funktionen zur Fotoverwaltung, also der dokumentierten Archivierung bis hin zu Datensicherung. Aus meiner Sicht ein wichtiger Punkt, den man nicht unterschätzen sollte.

Neugieriger: Danke für deine Antworten.

Matthias: Gern geschehen. Ich merke schon: Du hast mir doch noch eine Art Fazit aus dem Kreuz geleiert – wenn auch nicht unbedingt zur Photokina 2008, so doch als Resümee des Jahres 2008...



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